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Der einstige Herr Pfarrer geht neue Wege

Der frühere Pfarrer Thomas Kirsch darf heute nicht mehr im Auftrag der Kirche arbeiten. Kirsch hat sich ein neues Aufgabenfeld in Lauf an der Pegnitz geschaffen.

Der frühere Pfarrer Thomas Kirsch darf heute nicht mehr im Auftrag der Kirche arbeiten. Kirsch hat sich ein neues Aufgabenfeld in Lauf an der Pegnitz geschaffen.© Franz Galster

Ungewöhnlich klingt der Titel. Brisant ist er allemal, wenn man weiß, dass der ehemalige Pfarrer Thomas Kirsch hier seit Anfang Juli dieses Jahr an seiner neuen Existenz arbeitet. Einmal mehr spielte nämlich das Zölibat der katholischen Kirche die entscheidende Rolle. Kirsch blickt auf eine bewegte Vergangenheit.

1966 geboren und aufgewachsen in Untertrubach im Südosten des Landkreises Forchheim, erlernte er den Beruf des Mechanikers und entschied sich dann für die Spätberufenenschule mit Abitur in Bamberg. Es folgte das Theologiestudium in Bamberg, Rom und Passau, schließlich die Priesterweihe 1996 im Dom zu Bamberg. Kaplanstellen in Herzogenaurach und Pegnitz waren die nächsten Stationen, schließlich übernahm er die Pfarrstellen in Troschenreuth und Bühl bei Simmelsdorf.

Die Wende im Jahr 2005

2005 bekannte er sich öffentlich zur Beziehung mit seiner jetzigen Partnerin, ist auf seiner Homepage zu lesen. Im März des gleichen Jahres kam die Suspendierung. Drei Monate Übergangsfrist, dann gab es auch kein Gehalt mehr. „Über Nacht hatte ich trotz einer guten Ausbildung in der katholischen Kirche keine Chance mehr, weder als Lehrer noch als Sonderseelsorger.“ Kirsch wirkt entspannt und ohne Bitterkeit. „Ich habe nie mit der Kirche gebrochen. Ich wusste, was mit dem Zölibat auf mich zukommt. Ich konnte mir nie vorstellen, dass es so kommen könnte, sagt er.

Mit 14 Kommilitonen hatte er das Studium begonnen, zu fünft waren sie ausgeweiht worden. „In den neun Priesterjahren hatte ich viel Zeit für die Menschen, ein Vorteil des Zölibats“, meint Kirsch, fügt aber hinzu, es ginge auch mit Familie, die Zeit müsste man eben anders einteilen.

Vielseitig waren die Reaktionen, von viel Zustimmung bis zur großen Distanz, als er seinen Entschluss in seiner Pfarrei verkündete. Man merkt im Gespräch immer wieder, Thomas Kirsch macht es sich nicht leicht. Es tut ihm sichtlich gut, dass seine Heimatgemeinde Obertrubach ihm einen starken Rückhalt gibt, dass seine Eltern und Angehörigen, obwohl im ersten Moment entsetzt, ihn nicht fallen ließen. „A Watsch’n, und dann muss es weitergeh’n“, habe ihn sein Vater letztlich ermuntert. In einem großen Reiseunternehmen der Heimatgemeinde fand er ab 2005 seinen großen Förderer, wurde ihm Vertrauen geschenkt und die Chance zum Wiederaufstieg möglich. Dabei ging er durch eine harte Schule. Noch heute ist er sporadisch dort tätig.

Dann fand er im „wunderbaren Haus“, wie er sagt, in der Johannisstraße in Lauf die Gelegenheit, seine Ideen zu verwirklichen. Außen eher schlicht, wirkt es innen freundlich und überrascht mit vielen Ideen. Reisen, Geselligkeit und Tradition bilden Schwerpunkte des Vorhabens des ehemaligen Pfarrers. Im Eingangsbereich wartet ein Reisebüro. Anja Steinert, sympathische Thüringerin mit Wahlheimat Obertrubach, folgte Kirsch zum 1. Juli beruflich und betreut die Kunden. Von jeder Buchung gehen drei Prozent des Preises an einen guten Zweck, den der Kunde bestimmt.

Beratung in allen Lebenslagen

Daneben ein „Klosterladen“ mit Produkten aus vorwiegend bayerischen Klöstern. Eine Treppe höher wartet die gemütliche, urige „Jakobusstube“ mit bayerischen Klosterbieren und Weinen. Zünftige alte Gerichte, Hackbraten, saure Lunge, Suppen finden ihre Liebhaber. In der dritten Etage schließlich findet sich die „Johannisstube“ mit Seelsorgebüro zum Schmökern verschiedener Bücher, der Beratung und Begleitung in allen Lebenslagen.

Kirsch möchte Menschen, die den Kontakt zur Kirche verlieren oder ausgetreten sind, beistehen, den Weg zurück zu finden. Aushilfsweise spielt er noch in der Pfarrei Rückersdorf und Rothenbuch Orgel. „Für manche bin ich sogar noch der Herr Pfarrer“, resümiert er. Ein moderner Pfarrer? So könnte man ihn nennen, wäre da nicht das Zölibat.

Ein Lebensweg, der immer wieder den Sinn der zwangsweisen Ehelosigkeit für Priester in der katholischen Kirche hinterfragen lässt, wo wertvolle Kräfte schmerzhaft verloren gehen, die nicht zuletzt wegen des Priestermangels dringend benötigt würden. Der frühere Pegnitzer Kaplan Thomas Kirsch hat nun seinen eigenen Weg im Glauben gewählt, ja wählen müssen.

Für die offiziellen Vertreter des Erzbistums Bamberg bis hin zu Erzbischof Ludwig Schick empfindet Kirsch keinerlei Bitterkeit. Es gibt immer noch freundliche und verständnisvolle Kontakte, auch wenn das Erzbistum Bamberg die Auslegung des Zölibats und seiner Folgen sehr strikt handhabt, wie er empfindet.

Kirsch fand in Anita Beckstein seine Lebenspartnerin. Gefragt, ob er auch ans Heiraten denkt, sieht er hier ein neues Problem. „Dann würde ich nach den Regularien der katholischen Kirche exkommuniziert.“

Kirschs Weihekollege, Pfarrer Martin Battert von Verklärung Christi, Forchheim, gab am 1. Juli dem anspruchsvollen Unternehmen bei der Eröffnung vor Ort seinen kirchlichen Segen. Zumindest das funktioniert noch unter ehemaligen Kollegen.

Quelle: https://www.nordbayern.de/

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