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Seelsorge ohne Kirche

Thomas Kirsch mit seiner Freundin Anita Beckstein (rechts) und Gästen in der Jakobusstube im ehemaligen Café Bohne. Foto: Galster

LAUF — „Zum ehemaligen Pfarrer“ – so lautet ein wohl einmaliges Projekt in einem kleinen, einladenden Haus, dem ehemaligen Café Bohne, nahe dem Laufer Marktplatz. Ungewöhnlich, vielleicht provokant, klingt der Titel. Brisant ist er allemal, wenn man weiß, dass der ehemalige Pfarrer Thomas Kirsch hier seine neue Existenz aufbaut. Er entschied sich nach mehreren Priesterstationen, unter anderem in Bühl, gegen das Zölibat der katholischen Kirche.

1966 geboren und aufgewachsen in Untertrubach im Südosten des Landkreises Forchheim, lernte er zuerst Mechaniker und entschied sich dann für die Spätberufenenschule mit Abitur in Bamberg. Es folgte das Theologiestudium in Bamberg, Rom und Passau, schließlich die Priesterweihe 1996 in Bamberg. Kaplanstellen in Herzogenaurach und Pegnitz waren die nächsten Stationen, schließlich übernahm er die Pfarrstellen in Troschenreuth und Bühl.

„Dann musste ich mich aufgrund des Zölibats 2003/2004 entscheiden und bin nun ehemaliger Pfarrer“, fasst er den Wendepunkt auf seiner Homepage zusammen. Im März 2005 kam die Suspendierung. Drei Monate Übergangsfrist, dann gab es auch kein Gehalt mehr. „Über Nacht hatte ich trotz einer guten Ausbildung in der katholischen Kirche keine Chance mehr, weder als Lehrer, Sonderseelsorger, ja nicht einmal als Putzfrau.“

Kirsch wirkt entspannt und ohne Bitterkeit. „Ich habe nie mit der Kirche gebrochen. Ich wusste, was mit dem Zölibat auf mich zukommt.“ Dass es so kommen würde, hatte er aber nicht für möglich gehalten. „In den neun Priesterjahren hatte ich viel Zeit für die Menschen, ein großer Vorteil des Zölibats“, wie Kirsch meint, fügt aber hinzu, es ginge auch mit Familie, die Zeit müsste man eben anders einteilen. „Wer’s kann, soll es machen, es geht auch anders“, zitiert er den Apostel Paulus. Vielseitig waren die Reaktionen, von viel Zustimmung bis zur großen Distanz, als er seinen Entschluss in seiner Pfarrei verkündete.

Man merkt im Gespräch immer wieder, Kirsch macht es sich nicht leicht. „A Watschn, und dann muss weitergehn“, habe ihn sein Vater letztlich ermuntert, erzählt er. In einem Reiseunternehmen seiner Heimatgemeinde bekam er 2005 eine neue Chance. Noch heute ist er sporadisch dort tätig.

Dann fand er im „wunderbaren Haus“, wie er sagt, in der Johannisstraße 8 in Lauf die Gelegenheit, seine Ideen zu verwirklichen. Reisen, Geselligkeit und Tradition sind die Schwerpunkte auf drei Etagen verteilt: mit einem Reisebüro im Erdgeschoss, einem „Klosterladen“ mit unterschiedlichsten Produkten und der urigen „Jakobusstube“ mit deftigen Getränken und Essen sowie der „Johannisstube“ mit Seelsorgebüro und Ratgeberlektüre ganz oben.

„Aufgrund meiner früheren Tätigkeit als Pfarrer, Lehrer und Seelsorger möchte ich die Möglichkeit schaffen, Menschen in den verschiedensten Situationen des Lebens zu begleiten“, sagt Kirsch. „Ich will nicht verletzen, sondern wachrütteln“, betont Kirsch mit Blick auf seinen Firmennamen. Nach eigener Aussage trennt ihn nur das Zölibat von der offiziellen Amtskirche. Die Enthaltsamkeit hinterfragt er, weil der Kirche so wertvolle Kräfte verloren gehen, die nicht zuletzt wegen des Priestermangels dringend benötigt würden.

Kirsch fand in Anita Beckstein seine Lebenspartnerin. Gefragt, ob er auch ans Heiraten denkt, sieht er hier ein neues Problem. „Dann würde ich nach den Regularien der katholischen Kirche exkommuniziert.“ Seiner Ansicht nach muss eine liebende und barmherzige Kirche auf Dauer glaubwürdige Antworten geben. Er selbst spielt übrigens noch in der Pfarrei Rückersdorf und Rothenbuch vertretungsweise Orgel. Franz Galster

Quelle: https://n-land.de/

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